Cyberangriffe nehmen weltweit zu. Angreifende setzen auf hochentwickelte Methoden, um Netzwerke zu infiltrieren, Daten zu stehlen oder Systeme lahmzulegen. Für soziale Organisationen, die oft sensible Informationen betreuen, stellt dies eine besondere Herausforderung dar. Der Schutz dieser Daten geht weit über IT-Sicherheit hinaus – er bewahrt die Würde und Sicherheit von Menschen, die auf Vertrauen angewiesen sind.
Doch wie genau gehen Cyberkriminelle vor? Und welche Schutzmaßnahmen sind notwendig?
Bedrohungslage: Womit soziale Organisationen rechnen müssen
Phishing, Ransomware, Social-Engineering oder DDoS-Angriffe – die Taktiken der Angreifenden werden immer ausgefeilter. Künstliche Intelligenz trägt dazu bei, dass Angriffe schneller, präziser und schwerer erkennbar werden. Phishing-Mails wirken professioneller, Malware passt sich in Echtzeit an neue Schutzmechanismen an, und Chatbots übernehmen aufwändige Täuschungsversuche.
Besonders soziale Organisationen sind gefährdet, da sie oft begrenzte IT-Ressourcen haben und in der Wahrnehmung der Täter als „leichtere Ziele“ gelten. Der Schutz sensibler Daten wie personenbezogener Informationen wird damit zu einer existenziellen Aufgabe.
Angriffsmuster im Detail: Das MITRE ATT&CK Framework
Um Cyberangriffe besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf das MITRE ATT&CK Framework.
Es beschreibt detailliert, wie Angreifende vorgehen – von der ersten Zugangserlangung über das Bewegen innerhalb eines Netzwerks bis zur Exfiltration von Daten.
Das Wissen um diese Taktiken hilft, frühzeitig Muster zu erkennen und Schutzstrategien gezielt zu entwickeln.
In der Praxis bedeutet das: Wer typische Angriffsschritte kennt, kann gezielt Gegenmaßnahmen entwickeln und Schwachstellen schließen, bevor sie ausgenutzt werden.
Fallstudie: Ein gezielter Angriff auf eine humanitäre Organisation
Im Januar 2022 traf ein schwerer Cyberangriff eine der weltweit größten humanitären Organisationen. Über 515.000 hochsensible Datensätze – von Vermissten, Inhaftierten und deren Familien – wurden kompromittiert.
Ein Blick auf den Ablauf zeigt, wie systematisch und hochprofessionell die Angreifenden vorgingen:
1. Initialer Zugriff
Über eine Schwachstelle bei einem externen Dienstleister verschafften sie sich Zugang zu internen Systemen – ein klassisches Beispiel für eine Schwachstelle in der Lieferkette.
2. Etablierung von Persistenz
Die Angreifenden legten eigene, privilegierte Benutzerkonten an. So konnten sie auch nach einem Neustart des Systems im Netzwerk bleiben.
3. Ausweitung von Berechtigungen
Durch Zugriff auf bereits bestehende Konten vergrößerten sie ihre Rechte und Bewegungsfreiheit innerhalb des Systems.
4. Umgehung von Sicherheitsmechanismen
Sicherheitssoftware wurde deaktiviert, Überwachungssysteme umgangen.
Durch den Einsatz legitimer Tools wirkten die Angriffe wie normale Aktivitäten.
5. Diebstahl von Anmeldeinformationen
Mit Tools wie Mimikatz wurden Passwörter direkt aus dem Speicher und vom Domain-Controller extrahiert.
6. Laterale Bewegung
Mit gestohlenen Zugangsdaten bewegten sich die Angreifenden unbemerkt zu weiteren Systemen und Servern.
7. Sammlung sensibler Daten
Gezielt wurden E-Mail-Server und Dateifreigaben durchsucht, um besonders schützenswerte Informationen zu extrahieren.
8. Exfiltration der Daten
Vor der Übertragung wurden die Daten verschlüsselt und über gewöhnliche Protokolle wie HTTPS aus dem Netzwerk geschleust – so blieb die Aktivität lange unbemerkt.
9. Verschleierung der Kommunikation
Alle Aktivitäten wurden über verschlüsselte Kanäle koordiniert, sodass eine Entdeckung durch herkömmliche Sicherheitstools erschwert wurde.
10. Auswirkungen
Die entwendeten Daten gefährdeten reale Menschenleben und führten zu erheblichen Reputationsschäden für die Organisation. Zusätzlich kam es zu Betriebsunterbrechungen und einem Vertrauensverlust bei Partnern und Betroffenen.
Konsequenzen und Schutzmaßnahmen: Lernen aus dem Ernstfall
Die betroffene Organisation reagierte schnell:
- Transparenz: Betroffene wurden informiert, Ermittlungen aufgenommen.
- Isolation: Kompromittierte Systeme wurden vom Netz getrennt.
- Verbesserung der Sicherheit: Verträge mit Dienstleistern wurden überarbeitet, neue Überwachungssysteme implementiert.
- Sensibilisierung: Trainingsprogramme für Mitarbeitende wurden eingeführt.
Was soziale Organisationen jetzt beachten sollten
- Zero Trust als Grundprinzip: Jedes System, jeder Zugriff muss ständig überprüft werden – Vertrauen wird nicht vorausgesetzt.
- Schutz sensibler Daten priorisieren: Besonders schutzwürdige Informationen müssen höchste Sicherheitsstandards erfüllen.
- Ressourcen gezielt einsetzen: IT-Sicherheit braucht feste Budgets und klare Verantwortlichkeiten.
- Externe Unterstützung nutzen: Kleine Organisationen sollten nicht zögern, spezialisierte Partner für Cybersicherheit einzubinden.
- Frameworks wie MITRE ATT&CK verwenden: Diese helfen, Angriffe besser zu analysieren und die Verteidigung strukturiert aufzubauen.
Fazit: Wissen schützt – Vorbereitung sichert Vertrauen
Cyberangriffe auf soziale Organisationen sind keine Zukunftsmusik mehr – sie sind Realität. Doch wer Risiken versteht, Schutzmaßnahmen konsequent umsetzt und Netzwerke kontinuierlich überwacht, schützt nicht nur Systeme, sondern auch Menschen.
Proaktive Cybersicherheit wird damit zum Schlüsselfaktor, um Vertrauen zu erhalten – und damit auch den gesellschaftlichen Auftrag einer Organisation zu bewahren.