Künstliche Intelligenz

KI in Organisationen: Warum klare Regeln jetzt überfällig sind

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Verfasst von: Jessica Henning
Beraterin für Datenschutz und Informationssicherheit

Wie Unternehmen den Wildwuchs verhindern und Mitarbeitenden Orientierung geben.

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst kein Zukunftsthema mehr. In vielen Organisationen ist sie bereits da – ob gewollt oder nicht. Was fehlt, sind klare Regeln und ein bewusster Umgang. Wer jetzt keine Leitplanken setzt, riskiert mehr als nur technische Reibungsverluste. Es geht um Datenschutz, Sicherheit, Compliance – und letztlich um Vertrauen.

KI kommt durch die Hintertür – Schatten-IT als stiller Mitspieler

Derzeit erleben viele Organisationen ein Phänomen, das IT-Verantwortliche seit Jahren beschäftigt: Schatten-IT. Gemeint ist die Nutzung von Technologien und Anwendungen ohne offizielle Freigabe oder Wissen der IT-Abteilung. Bei generativer KI nimmt dieses Phänomen gerade rasant Fahrt auf.

Das mag zunächst harmlos klingen – ist es aber nicht. Denn oft sind es hochsensible Anwendungen: Texterstellung, Datenanalyse, Übersetzungen oder sogar Entscheidungsunterstützung. Die Tools dahinter sind mächtig. Doch ihr Einsatz bleibt unkontrolliert.

Ein Beispiel aus dem Alltag:

Ein Kollege im Marketing möchte zügig Texte für eine neue Kampagne entwerfen. Die hausinterne Software ist zu sperrig, also nutzt er kurzerhand ChatGPT. Um passende Inhalte zu generieren, lädt er Kundendaten hoch – personenbezogene Daten inklusive. Die IT? Weiß von nichts. Die Daten? Möglicherweise längst in den USA oder sonst wo gespeichert und für immer in den Trainingsdaten verarbeitet.

Was wie eine clevere Abkürzung wirkt, ist in Wirklichkeit ein massiver Regelverstoß – und ein Paradebeispiel für Schatten-IT.

Die Risiken reichen von Datenschutzverstoß bis zur Nichteinhaltung der Compliance-Vorgaben.

Die unkontrollierte Nutzung von KI-Systemen birgt gleich mehrere ernsthafte Risiken:

  • Datenschutzverletzungen: Werden personenbezogene Daten ohne gültige Rechtsgrundlage verarbeitet oder übermittelt, drohen hohe Bußgelder. Besonders kritisch: Datenübertragungen in Drittländer ohne angemessenes Schutzniveau.
  • IT-Sicherheitslücken: Fremde Tools, die nicht geprüft wurden, können Einfallstore für Malware oder andere Cyberbedrohungen sein.
  • Compliance-Verstöße: Interne Richtlinien, Branchenvorgaben oder gesetzliche Anforderungen (z.B. DSGVO oder künftig die EU KI-Verordnung) werden unterlaufen.
  • Verlust von Geschäftsgeheimnissen: Was einmal hochgeladen ist, lässt sich nicht mehr kontrollieren – auch nicht, wer später Zugriff darauf hat.

Diese Risiken sind keine bloße Theorie. Sie spiegeln reale Erfahrungen aus Organisationen verschiedenster Branchen. Und: Sie treten immer häufiger auf.

Was KI (noch) nicht kann – und warum das gefährlich ist

Ein interessantes Detail: Das oben genannte Szenario stammt von einer KI selbst – genauer gesagt von „Perplexity.ai“. Und es zeigt ein zweites, weniger offensichtliches Risiko: Künstliche Intelligenz liefert plausible, aber nicht immer korrekte Inhalte.

In unserem Beispiel fehlen wichtige juristische Feinheiten. Zum Beispiel, dass bei der Nutzung von ChatGPT mit einem privaten Account ohne Auftragsverarbeitungsvertrag tatsächlich ein Datenschutzverstoß vorliegt – nicht allein durch die geografische Datenübertragung, sondern durch fehlende rechtliche Grundlage. Das zeigt deutlich:KI kann Texte formulieren, aber nicht bewerten. Und genau hier liegt die Gefahr, wenn Mitarbeitende die Inhalte ungeprüft übernehmen.

Woran es in Organisationen hakt – und warum es nicht an der Technik liegt

Warum setzen so viele Organisationen trotz dieser Risiken (noch) keine klaren Regeln? Studien zeigen, dass es weniger an der Technik liegt, sondern vor allem am fehlenden Wissen, an Unsicherheiten im Umgang mit rechtlichen Anforderungen – und an der Angst vor Überregulierung.

Laut einer Erhebung aus der Sozialwirtschaft sehen Entscheiderinnen und Entscheider fehlendes Know-how, rechtliche Unsicherheiten und Datenschutzbedenken als größte Hürden. Hinzu kommt, dass viele nicht wissen, wie sie eine sinnvolle KI-Strategie überhaupt beginnen sollen.

Dabei wäre jetzt der ideale Zeitpunkt. Eine IBM-Studie zeigt, dass viele Unternehmen längst in den Startlöchern stehen. Rund ein Drittel plant mehr als 20 Pilotprojekte mit KI – allein in diesem Jahr. Der Wille ist da, was fehlt, ist die Orientierung.

Was Organisationen jetzt tun können – und warum es schnell gehen sollte

Je länger Organisationen abwarten, desto größer wird die Gefahr, dass sich ein unkontrollierter Umgang mit KI verfestigt. Deshalb gilt: Jetzt handeln. Aber mit Plan.

Fünf konkrete Schritte für mehr Klarheit:

  1. Transparenz schaffen: Sprechen Sie offen über das Thema. Wo wird KI bereits genutzt – bewusst oder unbewusst?
  2. Kompetenz aufbauen: Schulen Sie Ihre Teams, auch außerhalb der IT. Wer KI versteht, kann besser damit umgehen.
  3. Pilotprojekte aufsetzen: Fangen Sie klein an – aber kontrolliert. So sammeln Sie erste Erfahrungen und können Strukturen entwickeln.
  4. Verantwortlichkeiten klären: Wer darf was? Wer entscheidet über Tools, Datenverarbeitung und Einsatzszenarien?
  5. Richtlinien entwickeln: Eine KI-Richtlinie gibt allen Beteiligten Orientierung – und schützt Ihre Organisation vor rechtlichen und wirtschaftlichen Schäden.

Warum eine KI-Richtlinie das Herzstück Ihrer Strategie sein sollte

Eine KI-Richtlinie ist kein Selbstzweck. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt für alle weiteren Maßnahmen. Sie schafft Vertrauen, sichert Qualität, schützt Daten und definiert Verantwortlichkeiten sowie klare Regeln im Umgang mit den freigegebenen KI-Systemen. Kurz: Sie ermöglicht überhaupt erst einen professionellen Umgang mit KI im Unternehmen.

Wie so eine Richtlinie aufgebaut sein kann, welche Inhalte sie enthalten sollte und welche gesetzlichen Anforderungen zu beachten sind – damit beschäftigen wir uns ausführlich im zweiten Teil dieser Blogserie.

Fazit: Keine Angst vor KI – aber bitte mit Verstand

Künstliche Intelligenz bietet enormes Potenzial – für Innovation, Effizienz und neue Geschäftsmodelle. Aber nur, wenn sie bewusst und kontrolliert eingesetzt wird. Ohne klare Regeln wird aus Potenzial schnell ein Risiko. Und genau deshalb ist jetzt der richtige Zeitpunkt, die Weichen zu stellen.

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