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Störerhaftung und öffentliches WLAN

Cihan Cevirme
Verfasst von: Cihan Cevirme
Teamassistenz

Mit der Verabschiedung des dritten Telemedienänderungsgesetz am 30.06.2017 bezweckte der Gesetzgeber die Rechtsunsicherheit über die Haftungslage beim Betrieb von WLANs aufzuheben, um somit die Verbreitung von offenen Netzen in Deutschland, die im Vergleich zu anderen Ländern deutlich geringer ausfällt, zu fördern.

Mit der Verabschiedung des dritten Telemedienänderungsgesetz am 30.06.2017 bezweckte der Gesetzgeber die Rechtsunsicherheit über die Haftungslage beim Betrieb von WLANs aufzuheben, um somit die Verbreitung von offenen Netzen in Deutschland, die im Vergleich zu anderen Ländern deutlich geringer ausfällt, zu fördern. [1] Seit dem letzten TMGÄnderG kursieren Nachrichten über die Abschaffung der Störerhaftung. In diesem Beitrag soll die aktuelle Rechtslage beleuchtet werden.

Was ist überhaupt Störerhaftung?

Die Störerhaftung ist ein auf die analoge Anwendung von § 1004 BGB gestütztes Richterrecht, welches ursprünglich für das Sachenrecht entwickelt wurde. Allerdings hat es trotz vielerlei Kritik auch seinen Einzug in das Immaterialgüterrecht gefunden. Störer ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH, wer ohne Täter oder Teilnehmer zu sein in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt. [2]

Wie war die Rechtslage vorher?

Bis vor dem 3.Telemedienänderungsgesetz und der BGH-Entscheidung „Dead Island“ im Juli 2018 war der Anschlussinhaber eines W-LANS über das Instrument der Störerhaftung für Urheberrechtsverletzungen über dessen Netzwerk haftbar. Diese Haftung begründete zulasten des Anschlussinhabers Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche, Schadensersatzforderungen, Erstattung und Abmahnkosten. Der Anbieter eines WLANS habe grundsätzlich die Pflicht zu prüfen, ob die Nutzer Urheberrechtsverletzungen über seinen Internetanschluss begehen. Sofern diese Prüfung nicht stattfinde, wäre sie als Störer anzusehen.

Beispiel: Maximilian verbindet sich mit dem drahtlosen Netzwerk des Cafés „Moonbucks“. Während des Surfens ladet Maximilian illegal über den Anschluss von „Moonbucks“ das neue Album von Michael Floyd hoch und begeht damit eine Urheberrechtsverletzung. Leider weiß niemand außer Maximilian selbst, dass er diese Urheberrechtsverletzung begangen hat. Auch „Moonbucks“ hat keine Informationen darüber, wer das Album über seinen Anschluss hochgeladen haben könnte. In dieser Konstellation sollte der Rechteinhaber nicht völlig mit leeren Händen ausgehen müssen und wenigstens den Anschlussanbieter für diese Urheberrechtsverletzung haftbar machen können, da dieser dem Täter diese technische Möglichkeit gegeben habe und zugleich nicht in der Lage ist, den Täter ausfindig zu machen.

Worin besteht das Spannungsverhältnis?

Der Gesetzgeber beschloss zum Zwecke der Verbreitung von Hotspots dies zu ändern. Hierbei war die Herausforderung, das Spannungsverhältnis der verschiedenen Interessen und Grundrechten zu würdigen. Auf der einen Seite begehrt der Rechteinhaber den Schutz seines geistigen Eigentums. Eine Einschränkung erfahren aber auch die Informationsfreiheit der Nutzer und ggfs. die unternehmerische Freiheit eines gewerblichen Anbieters. Ebenso könnten weitere Grundrechte wie das Fernmeldegeheimnis und der Schutz personenbezogener Daten betroffen sein. Das 3. TMGÄndG soll dieses Geflecht von Interessen unter einen Hut bekommen und auch somit für mehr Rechtssicherheit in der Haftungsfrage von öffentlichem W-LAN schaffen.

Was hat sich nun geändert?

So stellt die neue Fassung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG den WLAN-Betreiber nun mehr von Schadensersatz-, Unterlassungsansprüchen sowie Abmahnkosten frei. Doch § 7 Abs. 4 TMG ermöglicht dem Rechteinhaber wiederum Sperrmaßnahmen vom Betreiber des WLANs zu verlangen. An dieser Stelle kann klar gesagt werden, dass die Störerhaftung entgegen den Meldungen vieler Medien nicht gänzlich abgeschafft wurde. Denn der Anspruch auf ein aktives Tun (Sperrmaßnahme) zulasten des W-LAN-Anbieters bei bspw. Urheberrechtsverletzung resultiert wieder aus dem Instrument der Störerhaftung. Sperrmaßnahmen können die Sperrung bestimmter Ports am konkreten W-LAN-Router, Datenmengenbegrenzungen pro Nutzer, Sperrung des Zugriffs auf bestimmte Webseiten, DNS-Sperren, IP-Sperren, URL-Sperren etc. sein.

Allerdings ist dieser Anspruch im Vergleich zur vorigen Regelung des TMG weit abgeschwächter und an einige Voraussetzungen gebunden. Erstmal muss der Rechtsinhaber nämlich andere Möglichkeiten zur Abhilfe in Erwägung ziehen. Diese wären bspw. den Täter der Rechtsverletzung direkt zu verfolgen, sofern dies möglich ist. In der Praxis fällt dies meistens raus, da es meist technisch zu aufwendig und ökonomisch ineffizient ist. Weiter müsste bevor der Anspruch auf Sperrung besteht, geprüft werden, ob die Sperrung der Nutzung von Informationen für den Anschlussinhaber zumutbar und verhältnismäßig ist. Dies erfordert stets eine Einzelfallabwägung anhand der genannten Interessen und Grundrechte.

Gleichfalls wird durch den § 7 Abs. 4 Satz 3 TMG der Anschlussinhaber privilegiert. Dort wird der Anspruch auf vor- und außergerichtlichen Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung des Anspruchs auf Sperrung - bis auf den Fall der absichtlichen und in Zusammenarbeit mit einem Nutzer begangenen Rechtswidrigkeit – dem Kläger nicht gewährt.

Fazit

Die Störerhaftung aus § 8 TMG des WLAN-Anbieters ist zwar nicht abgeschafft, hat aber eine erhebliche Einschränkung erfahren. Sie können nicht mehr für Urheberrechtsverletzungen Dritter wegen Schadensersatzforderungen oder Abmahnkosten haftbar gemacht werden. Dies hat eine gewisse Rechtssicherheit zulasten der Rechteinhaber geschaffen. Allerdings müssen HotSpot-Anbieter nach einem Missbrauchsvorfall verschiedene Maßnahmen ergreifen, um Wiederholungen zu verhindern.

By the way: Datenschutzrecht beim öffentlichem WLAN beachten

Die Nutzungsbedingungen bilden eines der wichtigsten rechtlichen Scharniere, wenn ein hinreichender Datenschutz im öffentlichen WLAN erreicht werden soll. Darin soll geregelt sein, dass die WLAN-Nutzung kein Vertragsverhältnis aufspannt, sodass den Betreiber auch keine entsprechenden Sorgfaltspflichten treffen. In den Nutzungsbedingungen muss offengelegt sein, welche Informationen (i.e. zumindest Anmeldedaten) erhoben werden und wie der WLAN-Betreiber sie speichert und verarbeitet.

Art. 5 Abs. 1 Nr. DSGVO verlangt von den Betroffenen, hier Nutzer, die Einwilligung der Datenerhebung, per Bestätigung in die Nutzungsbedingungen kann diese eingeholt werden. Sofern der WLAN-Betreiber beabsichtigt ein Nutzerprofil über die Nutzer zu erstellen, ist es nach § 100 Abs. 3 S. 2 TKG unerlässlich, diese Nutzerprofildaten zu anonymisieren oder wenigstens zu pseudonymisieren.

[1] BT-Drucksache, 18/6745, 1 f

[2] BGH, NJW, 2000, 2901, (2902)

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